guest-artist: Kurzgeschichte von Tobias Ilg

Part 1 / 4

Ode an FReiburg oder: Mein erster Tag in der schönsten Stadt der Welt

Die Blätter fielen von den Bäumen. Rote und braune Häufchen, in denen sich bereits Igel einzunisten versuchten, säumten den Wegrand. Eines Morgens, es war mein erster Tag in dieser Stadt, lief ich diese enge Straße entlang, die parallel zum Bahnhof verläuft. Schaute nach links, sah einen Laden, welcher Pullover aus Baumwolle anbot. Schaute nach rechts und sah ein winziges Verkaufsräumchen, welches sich dem Verkauf der verschiedensten Teesorten und Räucherstäbchen verschrieben hatte. Zwischen diesen kleinen Fundgruben befanden sich heimelige Kneipen. Eine verrauchte Beiz etwa, welche nur wegen ihrer golden-vergilbten Scheiben als glänzend bezeichnet werden konnte. Eine weitere trug den Namen eines linksrevolutionären französischen Agitators zur Zeit der Revolution 1789. Wiederrum ein paar Meter weiter fungierte Albert Einstein als Namensgeber. Ich lief weiter, sah einen der zahlreichen Fahrradläden in meiner neuen Stadt im Breisgau. Liebevoll „Fahrrad-Ali“ genannt, sollte er in Zukunft öfter für das Wohlbefinden meines Drahtesels verantwortlich sein. Egal ob es nun die fehlende Bremse war, das defekte Licht oder das Krächzen meiner Fahrradkette. Viele Meter weiter erreichte ich einen beschaulichen Markt der sich unter einer Brücke eingenistet hatte über dieser immer wieder Straßenbahnen brausten. Eine nette Frau mit streng badischem Akzent pries Kürbisse und vielerlei weitere Köstlichkeiten an. Sie klärte mich über den Vitamingehalt von Mangold auf und schenkte einem kleinen Kind hinter mir einen „Apfelschnitz“.


Ich war hin und weg: Diese Gelassenheit und Freundlichkeit, kein schnelles Abfertigen der Kunden. Dies war mir vorher nie begegnet. Die Besucher des Marktes bestellten Bio-Gurken, Bio-Kopfsalat, Bio-Apfelsaft, naturtrüb versteht sich, Bio-Äpfel und Bio-Kartoffeln. Und immer wieder frug die Dame vom Land: „Ischt’s so recht?“ Den Jutebeutel prall gefüllt ging es weiter. Über die „Blaue Brücke“ sollte es mit Blick auf die Windräder auf dem Roßkopf, vom Stadtteil Stühlinger in die Innenstadt gehen. Ein schweres Unterfangen, sofern man nicht wie zirka neunzig Prozent der Freiburger mit dem Zweirad unterwegs war. Egal ob Mountainbike, Hollandrad von Omi oder Damenrad mit Kinderanhänger – alle Arten rauschten an mir vorüber. Ich musste mehrmals ausweichen und entrann beim Überqueren der Brücke nur knapp einem Auffahrunfall. Fahrradfahrer genossen in Freiburg beinahe Narrenfreiheit. Jedoch verwundert dies nicht: Die Stadt wurde von einem grünen Oberbürgermeister regiert. Mit Herzklopfen aufgrund des Schockes ging es weiter durch eine kleine Seitenstraße. Ich erblickte ein Naturversandhaus, welches mit ökologischen Waschmitteln und umweltgerechten Naturprodukten warb. Bei einem der
vielen Bücherantiquariaten in der Studentenstadt lagen Klassiker von Schiller und Goethe sowie Krimis von Mankell oder Larsson aus. 

Fortsetzung folgt... 

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© Text: Tobias Ilg
© Bild: ringofarrago